11.04.2012

Obama vs. Romney - Der Kampf beginnt

Mit dem Ausstieg von Rick Santorum ist der US-Vorwahlkampf faktisch beendet. Für die Republikaner wird Mitt Romney am 6. November gegen Barack Obama antreten. Mit dem Personal sind auch die Themen des Wahlkampfes bestimmt: Während Romney die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt rückt, stellt Obama die Gerechtigkeitsfrage – und dabei sieht Multimillionär Romney alles andere als gut aus.

In Gettysburg, im Bundesstaat Pennsylvania, warb Abraham Lincoln einst für Demokratie und Freiheit. Ideale, die am Ende des amerikanischen Bürgerkriegs siegreich sein sollten. In Gettysburg gestand der religiöse Rechtsaußen Rick Santorum nun seine Niederlage im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur ein. Den USA bleiben damit ein ideologischer Kulturkampf und eine noch schärfere politische Polarisierung erspart.

Santorums Wahlkampf hatte zuletzt deutlich an Schwung verloren. Die wichtige Vorwahl in Wisconsin konnte er nicht gewinnen, obwohl Mitbewerber Newt Gingrich seinen Wahlkampf zuvor faktisch eingestellt und den Weg zu einem Zweikampf Santorum-Romney frei gemacht hatte. Zugleich bekam Romney immer mehr Unterstützung durch Parteigrößen, von Ex-Präsident Bush Senior bis zum jungen Senator Marco Rubio, einem Tea-Party-Liebling aus Florida. Letzte Umfragen sagten auch für die Vorwahlen in Santorums Heimatstaat Pennsylvania einen Romney-Sieg voraus. Mit seinem Rückzug hat sich Santorum nun eine Niederlage auf eigenem Turf erspart. Offiziell begründete er seinen Ausstieg mit dem Wahlrecht in Texas: „Ohne dass der Staat seine Delegierten-Verteilung zum winner-take-all-System ändert, sehe ich keinen Weg mehr, voranzukommen“, schrieb er seinen Anhängern. Um seinen Rückstand auf Romney bei den Parteitagsdelegierten noch aufzuholen, hätte ihm ein Vorwahlsieg im konservativen Texas tatsächlich nur dann genützt, wenn er sämtliche Delegierten des Staates hätte gewinnen können.

Nun steht Mitt Romney faktisch als Kandidat fest, er wird beim republikanischen Parteitag Ende August in Florida nominiert. Die beiden alten Männern, die formal noch im Rennen sind, Ron Paul und Newt Gingrich, sind keine Konkurrenten mehr. Paul wird noch ein paar Delegierte für seine libertären Ideen sammeln und hoffen, dass sich ein wenig davon in Romneys Programm wiederfinden wird. Dass Paul am Ende doch als Kandidat für die Libertäre Partei antritt, ist völlig unwahrscheinlich. Zum einen haben Paul und Romney im Vorwahlkampf stets ihre persönliche Freundschaft betont, zum anderen würde Paul damit seinem Sohn Rand, frisch gewählter Senator aus Kentucky, eine politische Zukunft bei den Republikaner verbauen. Newt Gingrich geriert sich jetzt zwar als „letzter aufrechter Konservativer“, aber er hat nun mehr finanzielle, als politische Ambitionen. Er wird sich bald wieder auf das kommerzielle Schreiben von Büchern und Halten von Reden verlegen. Um seinen Marktwert dafür zu steigern, versucht er, sich noch ein paar Tage länger im Rampenlicht zu halten. 

Die republikanische Vorwahl war das völlige Gegenteil der demokratischen Primaries des Jahres 2008. Damals sorgte eine interessante Konkurrenz für enorme Mobilisierung und jene mediale Aufmerksamkeit, die den unbekannten Obama populär machte. Am Ende konnte sich der neue Kopf gegen die Favoritin des Parteiestablishments (Hillary Clinton) durchsetzen. Und weil bei der Auswahl nicht nur eingefleischte Parteiaktivisten beteiligt waren, wurde ein Kandidat nominiert, der für breite Wählerschichten wählbar sein sollte. So wurde der lange innerparteiliche Wahlkampf nicht zum Handicap für die Demokraten, sondern zur Voraussetzung für Obamas Sieg bei der Hauptwahl.

Ganz anders dieses Jahr bei den Republikanern: Romney war nicht neu, sondern schon seit seiner gescheiterten Kandidatur 2008 im Dauerwahlkampf. Von Beginn an war er der große Favorit, nicht zuletzt wegen seines Geldes. Aber weder er noch seine Mitbewerber konnten die republikanische Anhängerschaft begeistern und mobilisieren. Das Kandidatenfeld war zu dürftig, denn populäre Newcomer (Paul Ryan, Chris Christie) und Parteigrößen (Jeb Bush, Mitch Daniels) hatten früh auf eine Bewerbung verzichtet. Nur deshalb konnte sich seit August letzten Jahres jene serielle Favoritenblüte entwickeln, die nacheinander Michele Bachman, Rick Perry, Herman Cain, Newt Gingrich und zuletzt Rick Santorum an die Spitze der Umfragen beförderte. Deren wichtigste Qualifikation war stets, dass sie den immer weiter nach rechts driftenden harten Kern der republikanischen Partei mit konservativen Parolen bedienten. Die Basis zwang dadurch auch Romney immer extremere Positionen auf, von der Steuerpolitik bis hin zur Abtreibung. Nur durch Kurskorrekturen nach rechts und massive Negativ-Kampagnen konnte sich Romney seiner Konkurrenten erwehren. 2008 attackierten weniger als 5 Prozent aller TV-Werbespots im Vorwahlkampf die Konkurrenz, diesmal waren es über 50 %. So trugen Mitt Romneys Wahlkampfmillionen erheblich dazu bei, aus der innerparteilichen Konkurrenz eine Schlammschlacht zu machen. „Mit Geld kann man zwar keine Liebe kaufen, aber die Nominierung bei den Republikanern“, höhnte Obamas Wahlkampfstratege David Axelrod zum Ende des Vorwahlkampfes.

Axelrod gibt damit auch den Ton für die Auseinandersetzung zwischen Obama und Romney vor: Mittelschicht gegen Multimillionär. Romney wird die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftspolitik in den Mittelpunkt seiner Kampagne rücken. Er wird auf seine Berufserfahrung in der Wirtschaft verweisen und auf die – für US-Verhältnisse – noch immer enorm hohe Arbeitslosenquote von 8,2 %. Programmatisch zu bieten hat er allerdings nur die neoliberalen Patentrezepte: Steuersenkungen, Leistungskürzungen und Deregulierung. Für immer mehr Amerikaner ist aber ein unfaires Wirtschaftssystem, das die Reichen bevorzugt, das größere Problem als etwa die Überregulierung der Wirtschaft. Obama stellt deshalb die Gerechtigkeitsfrage, zum Beispiel im Steuerrecht, wo er mit einem Mindeststeuersatz sicherstellen will, dass auch Großverdiener einen gerechten Anteil an den Lasten tragen. Für Multimillionär Romney ist dies ein wunder Punkt, denn er zahlte trotz seines 250-Millionen-Vermögens zuletzt nur 13 % Steuern, deutlich weniger als jeder Durchschnittsverdiener.

Um Gerechtigkeit geht es auch bei der Gesundheitsreform. Hier bleibt die anstehende Entscheidung des Obersten Gerichts ein großer Unsicherheitsfaktor. Bringen die Richter das wichtigste politische Projekt der Amtszeit Obamas zu Fall, könnte dies demokratische Wähler demoralisieren und Republikaner beflügeln – es könnte aber auch umgekehrt die Demokraten erzürnen und mobilisieren  und die Republikaner vor die all ihrer Opposition zum Trotz unerwartete Frage stellen, was sie denn nun an Stelle des gekippten Reformwerks als alternative Lösung anbieten. Allerdings kommen Obama seine anhaltend hohen persönlichen Umfragewerte zu Gute. Er gilt nicht nur als deutlich sympathischer als Romney, sondern er erzielt – Ausnahme: Wirtschaftspolitik – auch durchweg höhere Kompetenzwerte als sein Herausforderer. Der muss in den kommenden Wochen vor allem die Anhänger von Rick Santorum in sein Lager ziehen. Santorum hat bei seinem Ausstieg aus dem Vorwahlkampf den bisherigen Konkurrenten mit keinem Wort erwähnt. Bevor er lautstark für Romney trommelt, wird dieser einige rhetorische Verbeugungen vor Santorums erzkatholischen Ansichten machen müssen. Das aber ist riskant, denn dessen Meinungen zu Abtreibung und Empfängnisverhütung schrecken viele weibliche Wähler von den Republikanern ab, schon sprechen die Demokraten von einem „Krieg gegen die Frauen“.

In einer Umfrage der „Washington Post“ von Anfang April liegt Obama gegenüber Romney mit 51 zu 44 % in Führung, bei den Wählerinnen sogar mit 57 zu 38 %. Zwar steht im November wieder keine Frau auf dem Stimmzettel, aber es sieht ganz danach aus, als würde der Ausgang der nächsten Wahl vor allem von den Frauen entschieden.

Dr. Heiko Holste ist Jurist und Gastwissenschaftler an der Georgetown University in Washington. Bis 2009 verantworte er den Arbeitsbereich Reden und politische Kontakte im Leitungsstab des Bundesjustizministeriums.

Friedrich-Ebert-Stiftung
USA and Canada

WASHINGTON, DC
+1 202-478-4390
fesdc[at]fesdc.org

OTTAWA, ON
+1 202-478-4390
canada[at]fesdc.org

Latest Publications