Das Erbe Feinsteins: Ein knappes Rennen und Rivalitäten im kalifornischen Senatwahlkampf
Am 05. März, dem sogenannten Super Tuesday, finden auch in Kalifornien die Vorwahlen für alle Sitze im US-Repräsentantenhaus, einem der beiden Senatsitze und das Amt des Präsidenten statt. Besonders spannend ist dabei dieses Jahr die Wahl für den durch den Tod von Senatorin Dianne Feinstein freigewordenen Senatssitz. Feinstein war von 1992 bis 2023 im Amt, dementsprechend kandidieren nun viele Politiker_innen zum ersten Mal für den Senat.
Dass Kalifornien einer der liberalsten Bundesstaaten ist, müsste den meisten bekannt sein. Im Jahr 1988 gewann ein Republikaner das letzte Mal eine Wahl für den Senat hier. Daher stellt sich also die Frage, wieso die Wahl für den Senat dieses Jahr so spannend sein sollte?
Die Antwort liegt in dem Vorwahlsystem. Seit 2010 gibt es in Kalifornien eine offene Vorwahl. Wähler_innen stimmen für die Kandidat_innen ihrer Wahl – die beiden Kandidat_innen mit den meisten Stimmen treten dann am 05. November in der Wahl gegeneinander an. Da es besonders viele Demokratische Kandidat_innen gibt kann es durch gezielte Manöver im Wahlkampf dazu kommen, dass einer der beiden Republikanischen Kandidaten in der Vorwahl die Zweitmeisten Stimmen erhält und damit – ohne viel Hoffnung auf einen Sieg – in die Hauptwahl am 05. November zieht. Deshalb setzen alle Kandidat_innen möglichst viele Ressourcen in die Vorwahl, um siegreich in die zweite Runde zu kommen. Dadurch ist die kalifornische Senatswahl zu einem der teuersten Rennen dieses Jahres geworden.
Auf der Seite der Demokraten gibt es drei Kandidat_innen, die alle zurzeit im Repräsentantenhaus sitzen. Adam Schiff liegt derzeit in den Meinungsumfragen mit knapp 28% weit vorne und hat die Unterstützung von knapp 70% der kalifornischen Demokraten im Repräsentantenhaus, unter ihnen auch die ehemalige Sprecherin Nancy Pelosi, sowie Barbara Boxer, die viele Jahre zusammen mit Dianne Feinstein Kalifornien im Senat repräsentierte. Schiff war vier Jahre lang im kalifornischen Staatssenat, bevor er im Jahr 2000 in den US-Kongress zog. Ursprünglich war er Mitglied der zentristischen Blue Dog Parlamentariergruppe, versucht sich aber in den letzten Jahren als Progressiver auszugeben. Dies tut er unter anderem dadurch, dass er sich für bessere Krankenversorgung einsetzt, den Green New Deal unterstützt und für die Ausweitung des Obersten Gerichtshof ist. Am meisten bekannt ist Schiff für seine Rolle als Impeachment Manager in dem ersten Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump. Die wichtigsten Themen für Schiff sind Demokratie, bezahlbarer Wohnraum und Obdachlosigkeit, sowie Klimaschutz. Laut Finanzberichten hat Schiffs Wahlkampf fast $35 Millionen zur Verfügung, wovon fast $22 Millionen US-Dollar in eine Werbeoffensive gesteckt werden sollen
Katie Porter liegt mit 19% knapp hinter ihm. Sie ist Anwältin, ehemalige Juraprofessorin und sitzt seit 2018 im US-Repräsentantenhaus, wo sie in den Ausschüssen für Naturressourcen und Aufsicht und Rechenschaftspflicht (Oversight and Accountability) sitzt. Porter setzt sich vor allem für Verbraucherschutz und gegen Lobbyismus ein. Porter hat von Unterstützer_innen Spenden in Höhe von fast $30 Millionen US-Dollareingenommen und wirbt damit, dass sie noch nie Spenden von Lobbyist_innen oder Political Action Committees („PACs“) angenommen hat. Ihr ist wichtig, dass eine Frau den Sitz der verstorbenen Senatorin Feinstein einnimmt. Da aber auch die Abgeordnete Barbara Lee im Rennen ist, kommt nicht nur sie diesbezüglich in Frage. Bislang hat Porter nur die Unterstützung von Senatorin Elizabeth Warren, ihrer ehemaligen Juraprofessorin und Mentorin, erhalten, was angesichts von Porters ruppigem Stil nicht überrascht. Porter selbst hat erklärt, dass sie als alleinerziehende Mutter nicht viel Wert darauflegt, mit Kolleg_innen in Washington DC zu plaudern, und es vorzieht, die Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.
Die dritte Kandidatin ist Barbara Lee, die seit 1998 im US-Repräsentantenhaus sitzt und Mitglied des Haushaltsausschusses ist. Lee ist lange als progressive Aktivistin bekannt und ist Mitglied des Congressional Progressive Caucus und des Congressional Black Caucus. Sie war 2001 die einzige Abgeordnete, die gegen die „Genehmigung zum Einsatz militärischer Gewalt (AUMF)“ stimmte. Lee ist mit 77 Jahren die älteste Kandidatin im Rennen und wäre erst die dritte und derzeit einzige Afroamerikanerin im Senat. Sie kämpft fürGesundheitsversorgung für alle, reproduktive Freiheit und eine Wirtschaft, welche Arbeiter_innen und Minderheiten besser unterstützt. Laut den jüngsten Meinungsumfragen und Finanzberichten schwächelt ihr Wahlkampf. Mit knapp 9% Unterstützung liegt sie hinter ihren Demokratischen Kolleg_innen und dem Republikaner Steve Garvey. Ihre Spendeneinnahmen von knapp $3.35 Millionen US-Dollar liegen weit hinter denen von Porter und Schiff.
Der Republikanische Spitzenreiter ist Steve Garvey, ein 75 Jahre alter ehemaliger professioneller Baseballspieler der Los Angeles Dodgers und San Diego Padres. Garvey ist für sein skandalöses Jahr 1989 bekannt, wo er drei Beziehungen gleichzeitig führte und zwei von den Frauen schwängerte. Er stimmte bei den Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 für Donald Trump und kandidiert mit dem Ziel, durch Deregulierung und niedrigere Staatsausgaben die Inflation zu senken und die Grenze zu Mexiko zu sichern. Sein politisches Programm ähnelt dem der Spitzen-Republikaner_innen in anderen Bundesstaaten, auch wenn es angesichts der Zusammensetzung Kaliforniens etwas gemäßigter ist.
Garvey hat laut verschiedener Meinungsumfragen zwischen 18% und 22% der Stimmen und hat nur wenige Spenden eingenommen, wodurch er seinen Wahlkampf wenig bewerben kann. Doch durch gezielte Werbungen von seinem Gegner Adam Schiff, in dem Garvey als MAGA-Republikaner und Unterstützer konservative Werte dargestellt wird, gewinnt er an Bekanntheit . Schiff hofft, dass Garvey dadurch in der Vorwahl am 05. März die zweitmeisten Stimmen erhält und dadurch in der Hauptwahl am 05. November gegen Schiff antreten muss. Damit wäre in dem liberalen Staat Kalifornien Schiffs Einzug in den Senat so gut wie gesichert. Falls Katie Porter aber den zweiten Platz einnimmt, wird der Wahlkampf bis November ein Kopf-an-Kopf-Rennen und für beide Kandidat_innen teuer werden. Eine solch kostspielige Kampagne zieht Ressourcen von anderen wichtigen Rennen ab und birgt das Risiko, Spaltungen innerhalb der Demokratischen Partei aufzudecken – und das in einem Jahr, in dem es von größter Bedeutung ist, Einigkeit zu zeigen.
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