06.01.2021

Georgia schreibt Geschichte

Der traditionell republikanisch dominierte Bundesstaat Georgia wird zwei Demokraten in den US-Senat schicken.

Das Jahr 2020 ging mit einer historischen US-Wahl zu Ende und das neue Jahr 2021 beginnt mit einem beinahe ebenso historischen Paukenschlag. Der traditionell republikanisch dominierte Bundesstaat Georgia wird zwei Demokraten in den US-Senat schicken. In den Stichwahlen am 5. Januar 2021 setzten sich Dr. Raphael Warnock und Jon Ossoff gegen die Republikaner Kelly Loeffler und David Perdue durch. Damit schreiben die Wähler_innen des Südstaates in mehrfacher Hinsicht Geschichte: Dr. Warnock, Pastor der Ebenezer Baptist Church, an der auch Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. Pastor war, wird der erste afro-amerikanische Senator eines früheren, von Sklaverei geprägten Konföderiertenstaates. Wie bedeutsam dies ist, wird an der Aussage Warnocks in der Wahlnacht deutlich, in der er die Wahlentscheidung seiner Mutter folgendermaßen kommentierte: "Die 82-jährigen Hände, die früher die Baumwolle von jemand anderem pflückten, gingen zur Wahl und wählten ihren jüngsten Sohn zum Senator der Vereinigten Staaten." [“The 82-year-old hands that used to pick somebody else’s cotton went to the polls and picked her youngest son to be a United States senator”.] Jon Ossoff ist mit 33 Jahren der jüngste gewählte, Demokratische US-Senator seit Joe Bidens Senatswahl 1973.

Damit ist der Senat seit sechs Jahren erstmals wieder in Demokratischer Hand. Die knappe, aber entscheidende Kongressmehrheit sollte es dem gewählten Präsidenten Joe Biden und seiner Vizepräsidentin Kamala Harris möglich machen, die Bekämpfung der Corona-Pandemie ernsthaft und mit erstklassigen Kabinettsmitgliedern anzugehen sowie progressive Reformprojekte anzustoßen, die der Mehrheit der US-Arbeitnehmer_innen zugute kommen werden. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, äußerte ihre Hoffnung auf einen Neustart so: "Indem sie diese beiden herausragenden, Demokratischen Senatoren nach Washington schicken, gaben die Bürger Georgias ihrer Stimme für ein gerechteres, verantwortungsvolleres und mitfühlenderes Amerika Ausdruck." [“In sending these two outstanding Democratic Senators to Washington, Georgians cast their ballots for a fairer, accountable and more compassionate America.”]

Der politische Wandel des Südstaates zu einem Staat, den Demokraten gewinnen können, setzt sich mit der Senatswahl fort. Allerdings spielte auch der Noch-Amtsinhaber im Weißen Haus eine Rolle. Der Wahlausgang in Georgia ist nicht nur ein Votum für einen Neustart, sondern auch eine Abrechnung mit Trump und den ihn unterstützenden Republikanern, ihrer pausenlosen Verbreitung von Falschinformationen hinsichtlich angeblichen Wahlbetrugs und eine Absage an den Versuch, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl mit illegalen Manövern zu Trumps Gunsten ändern zu wollen. Ein entscheidender Faktor beim Verlust der Senatssitze in Georgia war die geringere Unterstützung von Loeffler und Perdue durch Republikanische Wähler_innen in den Vororten von Atlanta.

Mit dem Verlust der Mehrheit im Senat zahlt auch der scheidende Mehrheitsführer Mitch McConnell erstmals einen signifikanten politischen Preis für seine Obstruktion und sein Schweigen angesichts der Angriffe Trumps auf die Grundfesten der US-amerikanischen Demokratie. Dass die Niederlage zu mehr Kooperationsbereitschaft auf Seiten der Republikaner führen wird, davon ist momentan nicht auszugehen. Auf Joe Biden und Kamala Harris wartet trotz der riesigen und berechtigten Freude angesichts der Wahlergebnisse ein ganz hartes Stück Arbeit.

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