05.01.2012

Der Weg zum Weißen Haus - Die Vorwahlen um die US-Präsidentschaft

Zu Beginn der US-Vorwahlen zeigen sich die Republikaner in Iowa tief gespalten. Kandidaten von Moderaten, Christlich-/Sozialkonservativen und Libertären liegen fast gleichauf. Mitt Romney gewinnt in Iowa zwar knapp und bleibt Favorit für die Nominierung, aber die republikanische Parteibasis sucht weiter nach einer Alternative zu ihm. All dies könnte Barack Obama zu Gute kommen, aber er muss die Finanzkraft der republikanischen Super-PACs fürchten, denn die haben in Iowa ihre Macht gezeigt.

Bei den republikanischen Wählerversammlungen (Caucusse) in Iowa am 3. Januar erzielten Romney und Rick Santorum jeweils 25% der Stimmen, am Ende trennten beide lediglich acht Stimmen voneinander. Dritter wurde Ron Paul mit 21%, gefolgt von Newt Gingrich (13%). Abgeschlagen waren Rick Perry (10%) und Michele Bachmann (5%). Insgesamt beteiligten sich rund 20 % der mehr als 600.000 registrierten Republikaner des Staates.

Die drei Flügel der Republikaner

Das Ergebnis zeigt den starken Rechtsruck und die tiefe ideologische Spaltung der Republikaner. Mitt Romney, früher Chef einer Investmentfirma und Gouverneur in der demokratischen Hochburg Massachusetts, repräsentiert die moderaten Konservativen, denen vor allem Wirtschaftskompetenz wichtig ist und die auch für Wechselwähler akzeptabel sind. Wie schwach dieses Lager innerhalb der Republikaner geworden ist, zeigen die Ergebnisse der übrigen Kandidaten: Nicht nur Ex-Senator Rick Santorum (Wahlkampfmotto „Glaube, Familie, Freiheit“) ist ein erzkonservativer Kulturkämpfer, der besonders bei Tea-Party-Anhängern punkten konnte; zum gleichen politischen Milieu gehören auch Perry und Bachmann. Die dritte, libertäre Strömung verkörpert Ron Paul. Der 76jährige Kongressabgeordnete aus Texas propagiert eine isolationistische Außenpolitik und die Rückkehr zum Goldstandard. Die US-Verfassung will er allein im Geiste von 1787 auslegen und sein radikales Freiheitsverständnis lehnt Guantanamo ebenso ab wie Drogenverbote oder Beschränkungen des Waffenbesitzes. Angesichts dieser Konkurrenz – so schreibt die New York Times –haben die Wähler bei den Republikanern derzeit nur die Auswahl zwischen „rechts, sehr rechts oder sehr, sehr rechts“.

Die ideologische Zersplitterung der Republikaner macht Mitt Romney zum schwächsten Iowa-Sieger aller Zeiten; mit nur 25 % der Stimmen hat noch nie ein Kandidat den Caucus gewonnen. Romney erreichte sogar einen leicht geringeren Stimmenanteil als vor vier Jahren, als er nur Zweiter wurde. Er gilt dennoch als Favorit für die Nominierung, weil er das meiste Geld, die beste Wahlkampfmaschinerie und laut Umfragen die größten Chancen hat, Barack Obama zu schlagen. Trotzdem bleibt sein Zuspruch bei der eigenen Parteibasis begrenzt, denn er gilt als politischer Wendehals, der sich früher als Gouverneur liberal gab und in Massachusetts das aktuelle Lieblingshassobjekt der rechten Republikaner einführte: eine Krankenversicherungspflicht. 

Der letzte Non-Romney: Rick Santorum

Rick Santorum rangierte Anfang Dezember noch am Ende des Kandidatenfeldes. Sein überraschender Erfolg in Iowa liegt auch daran, dass er die letzte personelle Alternative zu Romney ist. Alle anderen Kandidaten – Bachman, Perry, der ausgeschiedene Herman Cain und zuletzt Newt Gingrich – waren bereits kurzeitig Favoriten, bevor sich bei näherem Hinsehen schnell ihre mangelnde Eignung ergab. Santorums Erfolg belebt zudem die Legende, dass in Iowa ein engagierter Straßenwahlkampf wichtiger sei als eine millionenteure Wahlkampagne. Monatelang tingelte er mit einem kleinen Truck über die Dörfer und schüttelte Hände, während Romney nur zu wenigen durch-choreographierten Events im Privatjet einflog. Auch biographisch verkörpert der Spross eines italienischen Einwanderers, der in den Kohlegruben von Pennsylvania schuftete, den american dream authentischer als Multi-Millionär Romney, dessen Vater schon Präsidentschaftskandidat war.

Iowa zeigt auch, welche fatale Rolle das Geld in diesem Wahlkampf spielen könnte. Während direkte Spenden an Kandidaten auf 2500 US-Dollar begrenzt sind, hat der Supreme Court 2011 entschieden, dass sogenannte „Super-PACs“ (Political Action Committee) von Privaten und Unternehmen Geld in unbegrenzter Höhe annehmen dürfen. Offiziell dürfen diese Gruppen ihre Aktionen zwar nicht mit den Wahlkampagnen der Kandidaten koordinieren, trotzdem war es keineswegs Zufall, dass ein von Romneys Vertrauten geführter Super-PAC eine millionenteure Negativkampagne gegen den Dezember-Favoriten Newt Gingrich inszenierte. Iowa ist deshalb auch die Mahnung an Barack Obama, seine eigene Wahlkampfkasse prall zu füllen.

Tragisch bleibt für die Republikaner der Erfolg von Ron Paul. Er führt der Partei zwar eine junge und enthusiastische Anhängerschaft zu und erreicht auch viele Unabhängige, aber seine eigene Nominierung gilt als ausgeschlossen und die libertäre Strömung ist nicht anschlussfähig an einen anderen Kandidaten. Gingen diese auf Pauls Ideologie ein, verschreckten sie ihre eigenen Wähler, behandeln sie ihn weiter als enfant terrible müssen sie damit rechnen, dass seine Anhänger am Ende für die Republikaner verloren gehen. Ernüchternd für die Republikaner muss auch die Wahlbeteiligung in Iowa sein. Sie lag geringfügig unter jener vor vier Jahren – politische Wechselstimmung signalisiert das nicht gerade.

Fortsetzung am 10. Januar in New Hampshire

Wie geht es nun weiter nach Iowa? Michele Bachmann hat nach ihrem enttäuschenden Ergebnis die Kandidatur aufgegeben. Beim nächsten Urnengang, am 10. Januar in New Hampshire, gilt ein klarer Sieg von Romney als ausgemacht. Trotzdem versuchen vor allem Newt Gingrich und Jon Huntsman, der in Iowa nicht antrat und all seine Anstrengungen auf New Hampshire konzentriert, Romney den Sieg streitig zu machen. Rick Santorum versucht derweil, seinen Iowa-Erfolg zu nutzen, Unterstützung zu sammeln und seinen Wahlkampfapparat auszubauen. Er muss vor allem am 21. Januar in South Carolina zeigen, ob er mehr ist als eine weitere politische Eintagsfliege. Dort versprechen sich allerdings auch Gingrich und Rick Perry gute Aussichten. Noch ist offen, ob es einen Kandidaten gibt, der das zersplitterte Lager der „Bloß nicht Romney“-Republikaner vereinen kann.

Sollte Romney in New Hampshire schwächeln und in South Carolina verlieren, könnte der republikanische Wahlkampf länger dauern als erwartet. Allerdings gibt es derzeit keinen Kandidaten außer Romney selbst, der dafür das nötige Geld und die Organisationskraft hätte.

Dr. Heiko Holste ist Jurist und Gastwissenschaftler an der Georgetown University in Washington. Er untersucht den amerikanischen Vorwahlkampf.

Die Vorwahlen: 
Bei den Vorwahlen werden Delegierte für den Nationalen Parteitag (national convention) gewählt, der im Sommer den republikanischen Präsidentschaftskandidaten nominiert. Faktisch nehmen die Vorwahlen und deren Ergebnisse die offizielle Nominierung bereits vorweg. Bei den Demokraten finden in vielen US-Bundesstaaten keine Vorwahlen statt, da Präsident Obama der einzige Kandidat ist.

Die Kandidaten:
Michele Bachmann (55), Abgeordnete aus Minnesota, Anwältin, christlich/sozial-konservativ. (Am 4.1. ausgeschieden!)
Newt Gingrich (68), Ex-Sprecher des Repräsentantenhauses aus Georgia, Historiker/Publizist.  
Jon Huntsman (51), Ex-Gouverneur von Utah, Ex-Botschafter in China, Familienunternehmer. 
Ron Paul (76), Kongressabgeordneter aus Texas, Gynäkologe, libertär.
Rick Perry (61), Gouverneur von Texas, Militär-Pilot / Landwirt, christlich/sozial-konservativ.
Mitt Romney (64), Ex-Gouverneur von Massachusetts, Fonds-Manager, fiskal-konservativ.
Rick Santorum (53), Ex-Senator aus Pennsylvania, Rechtsanwalt, christlich/sozial-konservativ.

Die Varianten: 
Es gibt zwei Varianten der Delegiertenwahl: Primary und Caucus. Führt ein Staat eine Primary durch, werden alle Delegierten für den nationalen Parteitag am Wahlabend verteilt, und zwar bis 1. April proportional zur Stimmenzahl für die einzelnen Präsidentschaftsbewerber, bei Wahlen danach bekommt der Sieger alle Delegierten des Staates. In 17 Staaten findet die Delegiertenwahl stufenweise statt, wie bei deutschen Parteien. Unterste Stufe ist der Caucus, die Mitgliederversammlung im Wohnbezirk, bei der Delegierte zum Kreisparteitag gewählt und nur informell über die Präsidentschaftskandidaten abgestimmt wird. Das Caucus-Resultat ist lediglich ein politisches Stimmungsbarometer.  

Die Spielregeln:
In den meisten Bundesstaaten dürfen nur solche Wähler an Vorwahl oder Caucus teilnehmen, die für die jeweilige Partei registriert sind (geschlossene Vorwahl). In anderen Staaten dürfen auch Bürger mitstimmen, die für keine andere Partei registriert sind (halb-offene Vorwahl) und in manchen Staaten kann jedermann teilnehmen (offene Vorwahl).

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