13.09.2022

KNUTS LOGBUCH | Demokraten vs. Republikaner: Die USA vor den Midterm-Elections

Anfang September beginnt in den USA der politische Herbst. Und 2022 wird es wohl ein stürmischer Herbst werden, denn im November finden die Zwischenwahlen statt, die als erster großer Test für die Politik der Biden-Regierung gilt.

Das A-B-C der Zwischenwahlen

Wenn am 8. November die Zwischenwahlen -oder Midterms- abgehalten werden, stehen neben 36 Gouverneursämtern und zahllosen Landes- und Kommunalwahlen, auch beide Kammern der des Kongresses auf dem Spiel. Ohne dessen Mehrheiten der Demokraten kann Joe Biden seine Agenda nicht weiter verfolgen.

Alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses stehen zur Wahl. Davon gehören momentan 219 Sitze den Demokraten und 211 den Republikaner. 5 Sitze sind vakant. D.h. die Mehrheit der Demokraten ist in dieser Kammer denkbar dünn, nur 12 Sitze. Im bisher 50/50 geteilten Senat stehen 34 Sitze zur Wahl, von denen 14 Demokraten zur Wiederwahl anstehen. Nur ein einziger Sitz trennt hier die Republikaner von der Mehrheit.

Die Zugkraft des Präsidenten für die Demokraten?

Noch im Juli war die überwiegende Mehrheit davon überzeugt, dass die Demokraten im November einem Wahldebakel entgegensteuern. Die Republikaner rollten dagegen auf einer Erfolgswelle. Beide Kongresskammern werden sie gewinnen, zahllose Ämter in Land und Kommunen besetzen. So die Vorhersagen und so auch eine gewisse Tradition.

Jeder Präsident muss damit rechnen, dass seine Partei bei den Zwischenwahlen hunderte von Sitzen verliert - das ist der Preis, den eine Partei zahlt, die im Weißen Haus sitzt. So erging es Obama bei den Zwischenwahlen 2010 und Trump bei den Zwischenwahlen 2018. Viel müssten die Republikaner auch gar nicht erreichen: 12 Sitze im Abgeordnetenhaus und gerade mal einen einzigen Sitz im Senate trennen sie von den Mehrheiten in beiden Kammern. 

Noch im Juli lagen die Umfragewerte Joe Bidens bei nur 38%, dem bisher schlechtesten Wert seiner Präsidentschaft. Die anhaltende COVID-19 Pandemie, die Inflation, die hohen Benzinpreise legten sich wie ein Schatten auf die Gemüter im Land. Zudem war die Spaltung der Demokraten für Monate das beherrschende Thema. Die Gemäßigten und die Progressiven konnten sich bei wichtigen Gesetzesvorhaben der Biden-Agenda nicht einigen. Und der Senator von West Virginia, Joe Manchin, war das Aushängeschild für die Wut der Progressiven, denn es war vor allem er, der das Zünglein an der knappen Mehrheit war. 

Wie verfahren die innerparteiliche Situation war, merkte ich auch an dem Pessimismus mit Blick auf die Zwischenwahlen, der bei vielen meiner Gesprächspartner hier in den USA vorherrschte. Doch dieses Bild hat sich im Sommer verändert. Joe Biden schaffte es, die Demokraten zu einigen. So ergaben sich einige Wochen lang aufeinanderfolgende Gesetzeserfolge. Von Waffengesetzen, über Klimaschutz und Energiesicherheit, einer Medikamentenpreisbremse und gerechterer Unternehmensbesteuerung bis hin zum teilweisen Erlass von Studienschulden.

Da wächst auch die Unterstützung bei jungen Erwachsenen, weshalb die Zustimmungswerte für Joe Biden zuletzt auf 45% (CBS) gestiegen sind. Das stärkt natürlich auch die Wahlchancen der Demokraten.

Der Kongress

Strategen gehen immer noch davon aus, dass die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen werden. Ein Grund ist vor allem die politisierte und lokalisierte Wahlkreiseinteilung —das so genannte Gerrymandering—, die vielerorts den Republikanern in die Hände spielt. Sie regieren die Mehrheit der Bundesstaaten und üben so Einfluss auf das Gerrymandering. 

Auch die knappe Mehrheit der Demokraten im Abgeordnetenhaus ist ein schlechtes Vorzeichen, denn die Sitze im Repräsentantenhaus werden aufgrund der Lokalstrategien an extremere Kandidaten vergeben, weshalb Trumpisten hier gute Chancen zugeschrieben werden. Senatswahlen sind dagegen landesweite Wahlen, bei denen man in der Regel einen Kandidaten braucht, der eine breitere Öffentlichkeit anspricht.

Der Aufwind für die Demokraten heißt aber nicht, dass sie im November große Siege einfahren werden. Dennoch, manche haben die Hoffnung, dass sie es schaffen könnten, den aktuellen Stand zu halten. Vielleicht sogar einen oder zwei Sitze im Senat dazugewinnen. Das hätte vor sechs Monaten niemand auch nur zu vermuten gehofft. 

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