01.02.2012

Nach Florida: Wird Romney der Kandidat einer gespaltenen Partei?

Mitt Romney hat die Vorwahlen in Florida überlegen gewonnen. Das mag eine Vorentscheidung sein, aber noch lange kein Ende des Vorwahlkampfes. Die republikanische Partei bleibt tief gespalten, keiner von Romneys Konkurrenten ist zur Aufgabe bereit und Newt Gingrich erinnert daran, dass in 46 Staaten die Vorwahlen noch ausstehen. Dass der republikanische Vorwahlkampf lang, teuer und kontrovers wird, kann Barack Obama und seinen Demokraten nur Recht sein. Die Kritik an Multi-Millionär Romney aus dessen eigener Partei macht es Obama leichter, nun die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt des Wahlkampfes zu rücken.

Bei der Vorwahl in Florida am 31. Januar hat Mitt Romney mit 46% der Stimmen gewonnen. Newt Gingrich kam auf 32%, auf den Plätzen landeten Rick Santorum (13%) und Ron Paul (7%). Zehn Tage zuvor in South Carolina hatte Gingrich noch mit 40 zu 28% über Romney triumphiert und damit zum zweiten Mal in diesem Wahlkampf eine Renaissance erlebt.

Am Tag vor der Wahl in South Carolina hatte Mitt Romneys Wahlkampfteam eine E-Mail mit dem Betreff Inauguration Day verschickt. Genau ein Jahr vor der Amtseinführung des nächsten Präsidenten wähnte man sich Nominierung und Wahlsieg so nah, dass man sich schon mal mit der Vereidigung des künftigen Präsidenten auf den Stufen des Kapitols befasste. Dies hat sich als voreilig erwiesen. Newt Gingrich hat in South Carolina nicht nur einen fulminanten Wahlsieg errungen, sondern er hat auch eine Debatte über den Multi-Millionär Romney entfacht, die diesen trotz seines Erfolges in Florida dauerhaft belasten könnte.

15 % Steuern und der amerikanische Traum 
  
Romney, dessen Vermögen auf eine Viertelmilliarde Dollar geschätzt wird, musste sich nicht nur für die Praktiken seines einstigen Hedge-Fonds rechtfertigen, sondern – von Gingrich bedrängt – auch seine Steuererklärung veröffentlichen. Dass er weniger als 15% Steuern zahlt und Teile seines Vermögens im Steuerparadies der Cayman-Inseln deponiert hat, gilt in den USA – anders als in Deutschland – zwar nicht als politische Todsünde, trotzdem hat ihn dies vielen konservativen Normalverdienern weiter entfremdet. Romney kontert zwar selbstbewusst, „Ich entschuldige mich nicht dafür, erfolgreich zu sein“, und er kann darauf zählen, dass viele Republikaner mit dem amerikanischen Traum auch den Erfolg verehren. Aber auch diese leiden unter der Wirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit, und wie sehr er von deren Alltagssorgen entfernt ist, machte Romney bei der Offenlegung seiner Einnahmen deutlich: Die mehr als 300.000 Dollar, die er im vergangenen Jahr als Honorare für Reden eingenommen hat, nannte er „nicht viel“. Kein Wunder, dass Präsident Obama in seiner Rede zur Lage der Nation vom Kongress eine Steuerreform mit einer gerechteren Lastenverteilung angemahnt hat.
 
Mitt Romney hat in Florida gewonnen, aber er wird in weiten Teilen seiner eigenen Partei nicht geliebt. Zu seiner liberalen Vergangenheit, seinem hölzernen Auftreten und dem Vorwurf, ein Kandidat des Establishments zu sein (13 Senatoren und 59 Kongressabgeordnete unterstützen ihn), kommt nun noch seine finanzielle Abgehobenheit. Die konservative Basis und viele Tea-Party-Anhänger sehnen sich statt seiner nach einem wertkonservativen Rechten, der dem verhassten Establishment in Washington und der Wall Street, dem „big government“ und „big money“ den Kampf ansagt. Dass sie sich dabei mit Newt Gingrich einen dreimal Verheirateten, langjährigen Berufspolitiker und millionenstarken Lobbyisten auserkoren hat, ist zwar ein Treppenwitz, aber Gingrich ist ein brillanter Demagoge, der es versteht, die rhetorischen Bedürfnisse dieses Milieus zu befriedigen. In Florida erzielte er seine besten Ergebnisse bei sehr konservativen Republikanern und solchen mit geringem Einkommen.

Der Kampf zwischen Roboter und Zombie

Trotz Romneys Erfolg in Florida wird der Vorwahlkampf aus drei Gründen noch lange weitergehen. Erstens ist er nicht nur Schauplatz einer personellen, sondern vor allem einer ideologischen Konkurrenz. Romney, Gingrich und Ron Paul vertreten die moderate, konservative und libertäre Strömung in der Republikanischen Partei. Zweitens erhält bei den meisten Vor-wahlen, die bis zum 1. April stattfinden, nicht allein der Sieger Parteitagsdelegierte. Ein neues Proportionalsystem macht den Wahlkampf für alle Kandidaten lohnend. Drittens schließlich haben Newt Gingrich (68) und Ron Paul (76) nichts zu verlieren. Beide stehen am Ende ihrer Karriere, sie brauchen keine Rücksicht auf künftige Posten zu nehmen und haben auch keine Aussicht, in vier Jahren noch einmal anzutreten. Sie fechten ihren letzten Kampf und wollen es noch einmal wissen. Rick Santorum hingegen wird solange im Rennen bleiben wie Gingrich, weil er insgeheim auf dessen Straucheln hofft, um sich dann als konservative Romney-Alternative zu präsentieren. Nächster Höhepunkt wird der 6. März, der sogenannte „Super- Tuesday“, wenn gleich zehn Staaten ihre Vorwahlen abhalten. Die Konkurrenz könnte aber auch über den 1. April hinaus bis zum letzten Urnengang Ende Juni andauern. Schon jetzt beflügelt sie die Phantasie der Karikaturisten: Die Washington Post sieht Romney und Gingrich als Roboter und Zombie, die miteinander kämpfen, und kommentiert: „Sterben kann keiner von beiden“.

Warum 2012 anders ist als 2008

Mitt Romney versucht derweil aus der Not eine Tugend zu machen. Er behauptet, der intensive Vorwahlkampf spalte nicht die Partei, sondern bereite sie auf den Kampf gegen Obama vor. Tatsächlich dauerte vor vier Jahren die Konkurrenz zwischen Obama und Hillary Clinton bis zum Sommer und half dem heutigen Präsidenten, anschließend die Wahl zu gewinnen. Der Wettbewerb bei den Demokraten war aber nicht Ausdruck einer ideologischen Spaltung, sondern von zwei positiven Alternativen: die erste weibliche Kandidatin oder der erste Afro-Amerikaner. Obama fiel es nicht schwer, nach der Entscheidung auch die Clinton-Anhänger für sich gewinnen. Wie es Romney auf lange Sicht gelingen soll, die Anhänger Gingrichs oder gar Ron Pauls für sich zu gewinnen, dürfte seinen Strategen einiges Kopfzerbrechen bereiten. Die verschicken jetzt übrigens wieder E-Mails, aber statt von der Amtseinführung zu träumen bitten sie um Wahlkampfspenden. Sie haben verstanden, dass ihr Wahlkampf lang und teuer wird.

Dr. Heiko Holste ist Jurist und Gastwissenschaftler an der Georgetown University in Washington. Bis 2009 verantworte er den Arbeitsbereich Reden und politische Kontakte im Leitungsstab des Bundesjustizministeriums.

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