30.05.2018

Weniger Streitmacht für Arbeitnehmer

Rechtssache Epic Systems Corp. v. Lewis

 

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Am 21. Mai hat der Oberste Gerichtshof der USA eine Grundsatzfrage des US-Arbeitsrechts entschieden und damit den Rechtsschutz amerikanischer Arbeitnehmer entscheidend geschwächt. In den verbundenen Rechtssachen Epic Systems Corp v. Lewis, Ernst & Voung LLP v. Morris und NLRB v. Murphy Oil USA, Inc. ging es um das Recht von Beschäftigten, gemeinschaftlich organisiert in einen Rechtsstreit mit ihrem Arbeitgeber zu treten. Diesem Recht stehen sogennante Arbitration-Agreements entgegen. Derartige Vereinbarungen werden zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geschlossen. Die Arbeitnehmer (wie auch die Arbeitgeber) geben dabei ihr Recht auf, Arbeitsstreitigkeiten vor ordentliche Gerichte zu bringen beziehungsweise Sammelklagen gegen den Arbeitgeber anzustrengen. Stattdessen müssen die Vertragsparteien ihre Konflikte vor Schiedsgerichten lösen, wobei die Beschäftigten jeweils für sich in den Rechtsstreit eintreten. In den vorliegenden Fällen ging es jeweils um Arbeitnehmer, die derartige Vereinbarungen zunächst unterzeichnet hatten und später – beispielsweise wegen mangelnder Kompensation von Überstunden – vor ordentliche Gerichte gezogen waren.

Die politische Brisanz liegt dabei erstens darin, dass amerikanische Arbeitgeber unterzeichnete Arbitration-Agreements zunehmend zur Bedingung dafür machen, dass ein Berufsbewerber eingestellt wird beziehungsweise ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz behalten kann. Dies war nicht nur bei den drei betroffenen Unternehmen der Fall. Einer Untersuchung des Economic Policy Institutes zufolge, haben 60 Millionen US-Amerikaner obligatorische Arbitration-Agreements unterzeichnet, wovon knapp 25 Millionen ihr Recht auf eine Sammelklage abgegeben haben. Zweitens zeigen Studien, dass einzeln ausgetragene Konflikte vor Schiedsgerichten, verglichen mit einer (Sammel-)Klage vor ordentlichen Gerichten, stärker die Arbeitgeber begünstigen. Mit dieser Entwicklung hatte sich der Supreme Court aufgrund der bislang uneindeutigen Rechtslage zu befassen: Während der Federal Arbitration Act Arbitration-Agreements für grundsätzlich gültig und vollstreckbar erklärt, schützt der National Labor Relations Act das Recht der Arbeitnehmer, sich zum gegenseitigen Schutz gemeinschaftlich organisieren zu dürfen. Die Richter hatten somit zu entscheiden, wie die beiden Bundesgesetze in Einklang miteinander zu bringen sind. 

... im Sinne der Arbeitgeber entschieden

Wie im Vorfeld erwartet, hat die konservative Mehrheit der Richter nun im Sinne der Arbeitgeber entschieden: Mit dem National Labor Relations Act sei nicht die Absicht verbunden gewesen, Schiedsgerichtsbarkeitvereinbarungen einzuhegen. Die Mehrheitsmeinungwurde dabei von Neil Gorsuch, dem von Präsident Trump nominierten Richter, formuliert. Darüber hinaus hatte die Trump-Administration in der Rechtssache Murphy Oil, in der die Nationale Arbeitsbeziehungsbehörde den Standpunkt der Arbeitnehmerin vertrat, im laufenden Verfahren die Seiten gewechselt: Das Justizministerium legte vor Gericht eine gegenläufige Meinung zur Position der Arbeitsbeziehungsbehörde vor, was im amerikanischen Regierungssystem unüblich ist. Am Ende bleibt daher stehen: Das Urteil des Supreme Courts zeigt konkret auf, wo und wie sich die Situation von amerikanischen Beschäftigten unter der Trump-Administration verschlechtert.

 

Felix Koch is Fellow at the Washington office of the Friedrich-Ebert-Stiftung

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